In alten Ansichten Heidelbergs fällt am Westlichen Ende des Neckartals am Hang des Gaisbergs gelegen ein Bauwerk auf, welches heute so nicht mehr vorhanden ist - der Trutzkaiser.
Am berühmtesten - wenn auch nicht am deutlichsten sichtbar - ist dabei wohl
Merians Stadtansicht von 1620.

Matthäus Merian, Große Stadtansicht Heidelbergs (Kupferstich, 1620). Für mehr Details bitte doppelklicken.
Am westlichen Hang des
Gaisbergs gelegen, also direkt oberhalb des heutigen Adenauerplatz und der Rohrbacher Straße, kann man den Trutzkaiser in einer Vergrößerung besser erkennen. In dieser Ansicht von Merian von 1620 war der Turm schon zerfallen, er wird als "alt Gebäu" bezeichnet. Über die Zeit hinweg wurde der Turm immer wieder umgestaltet.
 1550
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 ~ 1590
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 ~ 1590
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 ~ 1595
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 1619
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 1620
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 1620
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 1622
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 ~1650
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 1654
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 1689
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Ausserdem kann man bei einem Spaziergang am Hange des Gaisbergs, entlang des historischen Pfades, noch die Gedenksteine an den Trutzkaiser und den nahe bei gelegenen Truztzbayer an deren originalen Standorten erkennen.
Doch warum wurde dieses Bauwerk errichtet, welche Veränderungen erfuhr es über die Zeit?
Ludwig Merz hat in der Dezember-Ausgabe von 1967 der Rupperto-Carola einen sehr ausführlichen
Artikel über die beiden Bollwerke Trutzkaiser und Trutzbayer verfasst. Hier die Eckdaten:
- 1462 wird der Trutzkaiser (oder auch Trutzkayser) unter Kurfürst Friedrich I dem Siegreichen erbaut. Da Friedrich mit Kaiser Friedrich III von Habsburg in Fehde stand, verlieh er dem Bauwerk den provokanten Namen. Die Form des Trutzkaisers ist ziemlich einmaling, diese Art von Türmen ist nur aus dem Orient oder Mittelmeerraum bekannt
- 1620 - 1622 wird das bereits verfallene Gebäude wieder instand gesetzt. Dabei wird die obere Platform neu gestaltet. Der bislang vorhandene Dachstuhl wird durch eine offene Kampfplattform ersetzt. Auch wird ein Mast angebracht, der ein ballartiges Gebilde trägt, evtl. ein Signalkorb.
- 1621 wird als Schutz gegen den heranrückenden Tilly der Trutzbayer etwas erhöht des Trutzkaisers errichtet. Aufgabe des Trutzbayers war es, den selbst heute noch ansatzweise erkennbaren Weg entlang des Hanges des Gaisberg zu verteidigen.
- 1622 wird auch ein Laufgraben mit Brustwehr vom Trutzkaiser bis zur Stadtbestigung errichtet. Der Weg mündet am Blauen Turm. Damit wird der gesamte Zugang zum Tal kontrolliert.
- 16. Sept. 1622 beginnt der Generalangriff auf Heidelberg. Dabei fällt der Trutzbayer zuerst, vermutlich durch Verrat. Danach fielen das vorgelagerte "Krähennest" und danach die Hauptbefestigung. Danach konnte der Gegner in die Vorstadt eindringen. Dies wurde durch die kroatische Reiterei unterstütz, die durch eine Furt im Neckar auch in die Vorstadt eindringen konnten.
- Nach der Wirren des 30-jährigen Krieges wird der Trutzkaiser durch den Kurfürsten Karl Ludwig wieder aufgebaut, der Trutzbayer jedoch nicht. Dessen Ruinen sind heute noch sichtbar.
- 1693 wird der Trutzkaiser durch die Truppen Melacs kampflos eingenommen und danach gesprengt.
- 1876 wird aus den Steinen des Trutzkaisers der Gaisbergturm errichtet.
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